Landwirtschaft und Klimawandel

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner und das Publikum diskutieren über nachhaltige Landwirtschaft. „Zukunftsfähige Landwirtschaft in Europa - wie retten wir Bienen und Bauern“ lautete der Titel der Veranstaltung des Grünen Ortsverbands Herrenberg und Gäu in Gäufelden-Nebringen.

13.04.19 –

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Harald Ebner und das Publikum diskutieren über nachhaltige Landwirtschaft.
„Zukunftsfähige Landwirtschaft in Europa - wie retten wir Bienen und Bauern“ lautete der Titel der Veranstaltung des Grünen Ortsverbands Herrenberg und Gäu in Gäufelden-Nebringen.

Rund 20 Interessierte kamen in den Keltensaal in Nebringen, um den Vortrag von Harald Ebner zu hören. Harald Ebner ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, studierte Agrarwissenschaft an der Universität Hohenheim und ist heute unter anderem für die Grünen Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag.
Ulrich Kurz, Vorsitzender des Grünen-Ortsverbandes Herrenberg und Gäu, betonte in seiner Einführung die Wichtigkeit des Themas Landwirtschaft. Die drei Bereiche, in denen unsere Gesellschaft am stärksten die Grenzen des Planeten überschritten, seien Verlust der Artenvielfalt, Nitrate im Boden und Klimaerwärmung. Alles habe mit dem, wie er sagte, auf den ersten Blick nicht sehr spektakulären Thema Landwirtschaft zu tun.

Harald Ebner ging zu Beginn seines Vortrags auf die drei Stichworte ein. So seien in den letzten 30 Jahren 75% der Insekten-Biomasse verschwunden, was in der Folge einen Verlust von 60% bei den Brutvogelpaaren bedeute. Auch wirtschaftlich sei die Bestäubungsleistung durch Insekten enorm, ihr Wert betrage weltweit bis zu 500 Milliarden Euro im Jahr. Die Grenzwerte für Nitrate würden tatsächlich seit Jahren in Deutschland überschritten. Grund seien die intensive Tierhaltung und die düngemittelintensive Landwirtschaft. Weltweit sei Landwirtschaft einerseits einer der Verursacher des Klimawandels, etwa durch die Rodung von Regenwald für Palmöl und Schweinefutter. Aber Bauern seien heute andererseits Opfer durch Ernteausfälle wegen Starkregen oder Trockenheit. Bauern ständen dadurch heute bei der Maisaussaat vor der ganz praktischen Frage, ob sie eher wasserresistente Sorten in Erwartung starken Regens oder eher hitzebeständige Sorten in Erwartung langer Dürreperrioden anpflanzen sollten. Ebner stellte fest, dass Landwirte heute in der Öffentlichkeit oft als böse und schuldig dargestellt werden. Landwirte seien aber gefangen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssten sie sich sowohl gesetzlichen Regelungen als auch dem Verhalten von Konsumenten beugen. Ein Großteil der Konsumenten sei nicht bereit, mehr Geld für Nahrung auszugeben, um tierfreundlichere Fleischproduktion und pestizidfreiere Obst- und Gemüseproduktion zu bezahlen. Eine Rolle spiele dabei, dass Konsumenten bewusst im Dunkeln gehalten würden. Die Nahrungsmittelhersteller verhinderten eine klare Kennzeichnung bei Verbraucherprodukten, wie es etwa ein einfaches Ampelsystem wie in Frankreich böte. Außerdem begünstigten die EU-Regeln große, konventionell arbeitende Betriebe und verfestigten so die vorhandenen Strukturen.

Heute würde Fläche, nicht abr Gemeinwohlleistung honoriert. 80% der EU-Zahlungen gingen so an nur 20% der Betriebe.
Auch müsse es eine gerechtere Verteilung von Forschungsgeldern geben. Forschungsgelder flössen heute zu nicht einmal 2% in den Ökolandbau, wohingegen die Bundesregierung doch den Anteil des Ökolandbaus von heute gut 8% auf 20% steigern wolle. Ebner stellte deshalb nicht die gesamte EU in Frage - im Gegenteil.
Erst die EU sei die Basis für Strukturveränderungen, weil nur sie durch länderübergreifende Regelungen Wettbewerbsgleichheit ermögliche. Aber die Regeln müssten verbessert werden.
Ein großen Problem sieht Ebner dabei im Einfluss der Lobbyisten in Brüssel und stärker noch in Berlin - so habe die EU beispielsweise bei der Zulassungsprüfung von Glyphosat einfach Wertungen aus Industriestudien kopiert, wobei diese aus Wettbewerbsgründen oft geheim seien. So seien in Deutschland gerade 18 neue Ackergifte zugelassen worden, die Glyphosat enthalten, das als eine der Hauptursachen für das Bienensterben gelte. Laut Ebner gebe es aber keinen Gegensatz von böser konventioneller Landwirtschaft und gutem Ökolandbau. Beide müssten sich weiterentwickeln.

Im Anschluss an den Vortrag gab es eine lange Diskussion zwischen Publikum und Harald Ebner. Ein Diskussionsteilnehmer bezweifelte, dass mit einer kostenintensiven, tierfreundlichen Fleischproduktion Gewinne erwirtschaftet werden könnten. In einem weiteren Beitrag wurde auf die verwirrenden neuen Fleischlabel hingewiesen, bei denen niemand wisse, was sie bedeuteten. In der Konsequenz würden Konsumenten dann doch das günstigere Fleisch kaufen. Ebner bestätigte diese Beobachtung - Verwirrung werde bewusst erzeugt, Transparenz sei von den Nahrungsmittelherstellern nicht erwünscht. Wegen des Fehlens eines einheitlichen Labels führten die großen Einzelhandelsketten jetzt eigene Labels ein, weil sich die Kunden durchaus größere Transparenz wünschten. Aus dem Publikum wurde ergänzend auf das widersprüchliche Kennzeichnungssystem bei Eiern hingewiesen. Rohe Eier hätten heute eine klare Kennzeichnung, sobald Eier aber in Nahrungsprodukten eingingen, seien Herkunft und Haltung unkenntlich.

Auch der Schweinefleischkonsum in Deutschland wurde angeprangert. Schweine seien Nahrungskonkurrenten des Menschen, weil große Ackerflächen für Schweinefutter, etwa für den Sojaanbau, reserviert seien und so der Nahrungsmittrelproduktion fehlten.
Ebner wies ergänzend darauf hin, dass der Schweinefleischkonsum in Deutschland zwar zurückginge, die Produktion aber nicht. So sei Deutschland Exportweltmeister von Schweineflisch. Ein weiteres Zeichen, dass an den Strukturen etwas nicht stimme.

Am Ende wünschte sich Ebner, dass möglichst viele zur "Europa"-Wahl gehen und "Grün" wählen. Große Zukunftsaufgaben im Bereich der Agrarpolitik seien der Kampf gegen das Insektensterben, die Senkung des Einsatzes von Pestiziden und eine klare Kennzeichnungen auf Lebensmitteln.
Ebner schloss mit den Worten: "Europa - die beste Idee, die Europa je hatte"

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