Kolumne Dezember 2018

Beitritt Herrenbergs zum Zweckverband Breitbandausbau Jörn Gutbier, Fraktionsvorsitzender der GRÜNEN im Gemeinderat Herrenberg, sieht die derzeitigen Netzausbaupläne kritisch, da die Strategie mit 5G für eine flächendeckende Breitbandversorgung ungeeignet ist und einseitig die Marktmacht eines Netzbetreibers begünstigt.

28.12.18 –

Beitritt Herrenbergs zum Zweckverband Breitbandausbau

Am 18.12.2018 beschloss der Herrenberger Gemeinderat dem Zweckverband Breitbandausbau des Kreises Böblingen beizutreten. Zugestimmt wurde auch dem Beitritt des Zweckverbands (ZB) zur sog. Gigabit Region Stuttgart GmbH. Oberbürgermeister Sprißler wurde zudem befugt den noch nicht vorliegenden Gesellschaftervertrag zwischen Gigabit GmbH und dem ZB zuzustimmen und über eine jährliche Einlage vom 120.000 Euro beim ZB, als sog. Kapitalrücklage für die Gigabit GmbH, zu verfügen.

„Ein starkes Signal der Geschlossenheit von Städten, Gemeinden und Landkreisen soll damit gesetzt werden“, heißt es in der Drucksache, um damit den Breitbandausbau umsetzen zu können. Endlich soll Schluss sein mit quälend langsamem Internet!? Erzählt wird, dass nur die Telekom hierfür als Partner zur Verfügung steht. Gleichzeitig heißt es, dass wir uns aber noch nicht an die Telekom gebunden haben und als Kommune noch alle Optionen zur Wahl eines anderen Anbieters hätten. Formal richtig, politisch Nonsens.

„Die Telekom plant, baut und betreibt die Netze von morgen, (…). In der Region Stuttgart werden wir beispielgebend zeigen, wie dies funktioniert.“ Schreib die Telekom im Juli 2018 in ihrer Pressemitteilung. Dirk Wössner, T-Vorstand betont: „Wir brauchen auch rechtliche Rahmenbedingungen, die Investitionen belohnen und Rechtssicherheit geben: Regulierung darf unserem innovativen und deutschlandweit einmaligen Partnerschaftsmodell nicht im Wege stehen.” (1)

20 Jahre verhinderten die 100 Telekom-Lobbyisten, die ihren Sitz in Berlin haben, den Glasfaserausbau in der Fläche. Noch 2013 wurde im Bund der auf diese Firma zugeschnittene Fördertopf zum Ausbau der Krückentechnologie VDSL auf Kupferbasis beschlossen – zum Verstopfen der Märkte. Beendet wurde diese Förderung im Jahr 2018.
Jetzt, nachdem Stuttgarts ehemaliger Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster von der Telekom-Stiftung in den Vorsitz des gerade erst neu geschaffenen ´Kommunalbeirats` bei der Telekom gewechselt ist(2) , kommt die Region Stuttgart mit einem ppp-Projekt – einem Kooperationsvorhaben zwischen öffentlichen Trägern und privaten Firmen daher. Ein staatlich gesichertes Renditemodell, in diesem Fall auch noch zum Ausbau eines quasi Monopols.

Die versprochene Förderung des Bundes wird auf das ppp mit der Telekom zugeschnitten sein – ein Ausweichen der Kommunen auf Dritte wäre, wegen der dann fehlenden Förderung, unverhältnismäßig teurer. Die Telekom bekommt volle Zugriffrecht auf das Kommunalnetz und muss niemanden mehr Fragen, wenn in den Städten alle 150 m 5G-Mobilfunksendeanlage an Straßenlaternen geschraubt werden, so, wie im 5G-Strategiepapier der Bundesregierung von 2017 beschrieben. Geschichte wiederholt sich: Anfang 2000 wurde die Musterbausatzung des Bundes geändert, um flächendeckend UMTS (3G), auch gegen den Widerstand der Bürger und Kommunen durchsetzen zu können. Mobilfunksendeanlagen kleiner 10 m Höhe wurden genehmigungsfrei gestellt und diese Regelung wurde in alle Landesbauordnungen übernommen. Wo jetzt Glasfaser-Breitbandausbau drauf steht, hängt hinten dran die Totalverstrahlung mit krank machender(3) – und seit 2018 wissenschaftlich gesichert – krebserregender(4) Mobilfunktechnik.

„5G bedeutet (…) eine Verdoppelung bis zu einer Verzehnfachung der Sendemasten“ vermerkte unser Digitalisierungsminister Thomas Strobl. Und um 5G durchzusetzen, richtete er folgende Worte an die Bürgermeister Baden-Württembergs: „Ihr dürft wegen jedes einzelnen Sendemasten zu mir kommen und ich sorge dafür, dass er aufgestellt wird.“(5)
Ministerpräsident Kretschmann drückte es in der Stuttgarter Zeitung am 24.07.2018 smarter aus. Man brauche die 5G-Sendeanlagen für das autonome Fahren, so Kretschmann: "Und was die flächendeckende Versorgung mit 5G betrifft, will ich nicht verschweigen, dass dabei auch auf die Bevölkerung noch einiges zukommen wird. Denn klar ist: Wir werden dafür wesentlich mehr Sendemasten benötigen als heute. Da wir Grünen aus der kritischen Bevölkerung kommen, haben wir aber eine große Erfahrung damit, die Menschen mitzunehmen. Insofern bin ich sicher, dass wir bei der digitalen Infrastruktur den Anschluss schaffen werden.“

Da zu bezweifeln ist, dass sich mit diesen Taktiken der 5G Ausbau geräusch- bzw. widerstandlos durchsetzen lassen wird, braucht es noch eine weitere Komponente. Den alternativlosen Gigabit-Breitband-endlich-Glasfaser-machAllesschöner-undschneller-Mustervertrag mit der Telekom in der Region Stuttgart. Dieser soll dann als Blaupause für ganz Deutschland dienen. Ein perfekter Köder zur freiwilligen Aufgabe echter Handlungsoptionen bei der kommunalen Daseinsvorsorge.

 

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Leseempfehlungen:

 Wollt ihr die totale Digitalisierung?; Interview mit Dr. Werner Meixner, Fakultät für Informatik, TU-München, 9. Dez. 2018. Eine vernichtende Analyse zur Position des Deutschen Ethikrates bei Datenschutz, KI, 5G, Macht und Überwa-chung: http://www14.in.tum.de/personen/meixner/InterviewRathMeixner-2018-12-09.pdf;

 Interview von 5G-Anbieter.info mit Jörn Gutbier zum Thema Mobilfunk und 5G: https://www.5g-anbieter.info/interviews/18/diagnose-funk.html

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Fußnoten:

(1)https://www.telekom.com/de/medien/medieninformationen/detail/glasfaserausbau-530280 (2)https://www.telekom-stiftung.de/presse/wechsel-im-vorstand
(3)https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail?newsid=1163

(4)Ramazzini Studie von Falconi et al (GSM1800 Sendeanlagen) bestätigt Ergebnisse der NTP-Studie (GSM/UMTS Endgeräte); doi.org/10.1016/j.envres.2018.01.037


(5)https://www.rnz.de/nachrichten/buchen_artikel,-bessere-mobilfunkversorgung-das-land-braucht-mehr-sendemasten-_arid,375457.html

Kategorie

Gemeinderat | Kolumnen

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