Haushaltsrede 2014

05.02.14 –

Bündnis 90/Die Grünen

im Herrenberger Gemeinderat

 

Haushaltsrede 2014

 

 

2013 war ein intensives Jahr der Bürgerbeteiligungsprozesse, die auch 2014 weitergehen werden. Höhepunkt: der erste Herrenberger Bürgerentscheid, bei dem die unechte Teilortswahl abgeschafft wurde. Die Vorschläge für die Gemeinderatslisten im Mai werden ein erster Test sein, wie sehr sich die Parteien und Wählervereinigungen bezüglich einer ausgewogenen Mischung von Kernstadt- und StadtteilkandidatInnen ins Zeug gelegt haben. 

Das Jugendbeteiligungskonzept muss seine Feuerprobe bestehen und wir werden die Umsetzung der Ideen des  Bildungskongresses angehen. Auch dafür braucht es Mittel, zu denen wir einen Antrag gestellt haben. Die Runden Tische zur Zukunft weiterführender Schulen und des Radverkehrs befinden sich noch lange nicht auf der Zielgeraden. Neben dieser „Software“ wurde von Verwaltung und Gemeinderat auch viel Geld und Mühe in die Vorbereitung von „Hardwarekonzepten“  wie der Bebauung von „Seeländer“ und  Bearbeitung des Innenstadtverkehrsproblems gesteckt. Beide Komponenten brauchen wir, um das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an, und die Kaufwilligkeit in ihrer Stadt zu steigern.

 

Die grün-rote Landesregierung wie auch Herrenberg verfolgen mit der intensiven Beteiligung der Bürgerschaft dasselbe Ziel. Hier wie dort können aber nicht alle Wünsche befriedigt werden: Stichwort: Nationalpark dort,

EnBW-Arealbebauung hier. Um kurz bei dieser Ecke der Stadt zu bleiben: die vorgesehene Aufwertung des Schillerplatzes für 400 000 Euro ist für uns unakzeptabel. Kosten und Nutzen stehen in keinem Verhältnis.

 

Im zweiten Halbjahr steht die Entscheidung über die Varianten zur Lösung der Innenstadtverkehrsproblematik an. Es wird weder die Eier legende, noch überhaupt eine Wollmilchsau-Lösung geben. Bei der Abwägung, welches die verkehrliche und städtebauliche Lösung mit den geringsten Eingriffen ist, muss die Erhaltung unseres Grüngürtels im Westen und Süden eine besonders hohe Gewichtung bekommen. Ein „Ringschluss“ um Herrenberg ist kein erstrebenswertes Ziel; eine Variante, die die Innenstadt entlastet und belebt auf Kosten einer Zerstörung der Naherholungsgebiete im Süden, wäre fatal.

 

Überhaupt, Stichwort Erholung. So grün wie Herrenberg außen herum ist, so grau ist es im Innenbereich. „Mehr Grün in die Stadt“ ist eine bei vielen Bürgerbeteiligungen immer wiederkehrende Forderung, deren wir uns bei allen anstehenden Planungen bewusst sein müssen.

 

In den Haushaltsreden vergangener Jahre haben wir immer wieder auf die tönernen Füße hingewiesen, auf denen unser Haushalt zu einem großen Teil steht: die Einnahmen aus  Grundstücksverkäufen.  Solch eine Politik ist zukunftsschädigend, betrifft aber leider fast alle Kommunen.  Solange kein Ersatz für diesen Deckungsbereich in Sicht ist, müssen wir endlich verantwortungsvoller mit der zur Neige gehenden Ressource Boden umgehen. Ansätze gibt es viele: auf Gewerbegrundstücken bei der Bebauung auf höhere Gebäude dringen, die Vergabe größerer städtischer Grundstücke  an die Auflage koppeln, dass ein Teil der entstehenden Wohnungen mit Mietpreisbindung für den sozialen Wohnungsmarkt zu erstellen ist, oder – was wir dieses Jahr verstärkt thematisieren werden - Grundstücke  verpachten statt für immer und ewig verkaufen. Dieses Prinzip ermöglicht einer Kommune Planungs- und Verfügungsspielräume für spätere Jahrzehnte.

Statt auf den angespannten Wohnungsmarkt mit Häusern auf der grünen  Wiese zu reagieren, fordern wir, dass die neuen Möglichkeiten der Landesbauordnung ausgeschöpft werden, die Kommunen erlaubt, durch Zweckentfremdungsverbote zu verhindern, dass Wohn- in Büroräume umgewandelt werden oder einfach leer stehen. Dies wäre eine weitere Variante des Grundsatzes „Innen- vor Außenentwicklung“, den wir für uns übrigens mit „Innen- STATT Außenentwicklung“ noch zutreffender formulieren.

Aus dem Gesagten ergibt sich, warum wir Neubaugebieten mehr als kritisch gegenüberstehen. Wenn sie doch im Rat eine Mehrheit finden, wie im Fall von Unten im Dorf und Gartenäcker, sollte es das Mindeste sein, dass sie energetisch und städtebaulich vorbildlich  entwickelt werden. Das ist in Kayh nicht der Fall und  für Gültstein ist auch nichts Anderes zu erwarten. Warum findet sich keine Mehrheit im Gemeinderat, die von der Verwaltung Innovationen einfordert?

 

Der soziale Wohnraumbau ist uns ein großes Anliegen. 2013 haben wir das Thema mit Anträgen in die Diskussion gebracht. Ein erster Vorschlag der Verwaltung sieht jetzt vor, Grundstücke, die durch die Verlegung von Spielstätten frei werden, für den Bau von Sozialwohnungen zu nutzen. Das beeinträchtigt sicher die Refinanzierung der Kosten für das Spielstättenkonzept, erlaubt uns aber, der Verantwortung für sozial Schwache endlich wieder besser nachzukommen. Wir sind gespannt auf weitere Vorschläge, die die Verwaltung schon länger angekündigt hat.

 

Die Finanzlage  Herrenbergs ist stabil, stabil genug, um den Zuschuss fürs Freibad an die Stadtwerke zu schultern und sogar Schulden weiter abzubauen. Für identitätsstiftende Projekte darf es aber kein Kreditaufnahmetabu geben und wir möchten an dieser Stelle eine Lanze für den Fruchtkastenumbau brechen. Billiger wird‘s nimmer und es wird nie eine  Haushaltslage geben, bei der ein paar Millionen ungenutzt in der Stadtkasse herumliegen. Zur breiten Verankerung des Projekts und zur finanziellen Unterstützung durch die Bevölkerung wäre eine Vereinsgründung  wie damals beim Mammutunternehmen Stiftskirchensanierung denkbar.

 

Der Fruchtkasten als Magnet auf der einen, Seeländer auf der anderen Seite  - und dazwischen die Altstadt, das geliebte Sorgenkind. Es ist wichtig und richtig, dass die Stadt Initiative zeigt und 2014 ein neues Citymarketingkonzept anpacken will. Dabei sind  neue Ideen gefragt , andere Ansätze als die bisherigen. Und es müssen unangenehme Wahrheiten deutlicher  angesprochen werden als bisher. Dass zum Beispiel Besitzer von Ladenflächen, die diese nicht oder zu nicht marktgerechten Preisen vermieten,  milde formuliert  wenig Gemeinsinn zeigen. Eigentum sollte verpflichten. Aber wahrscheinlich muss sich auch die Stadt finanziell anders einbringen. Nicht nur den Gewerbeverein unterstützen, sondern auch Zuschüsse oder andere Formen der Unterstützung gewähren, z.B. für Umbaumaßnahmen  zur Schaffung zusammenhängender  Verkaufsflächen zwischen verschiedenen Gebäuden  – unter  Auflagen, natürlich.

Vielleicht kann man dafür sogar externe Gelder heranziehen. Für die unterschiedlichsten  kommunalen Aufgaben gibt es die „Töpfe“, die Kommunen zur Verfügung stehen. Manche davon stehen im Kreis, andere auf EU-Ebene. Von den Baden-Württemberg zur Verfügung stehenden Mitteln werden nur 10 % abgeschöpft. Wir erneuern unseren Vorschlag aus unseren Haushaltsreden von 2010 und 2011, zielgenaue Fördermittel  herausfiltern zu lassen. Genau dafür gibt es in Brüssel das mit unserem Geld finanzierte „Europabüro der baden-württembergischen Kommunen“.

 

 Mit großen Investitionen in Personen und Sachen hat Herrenberg mit knapp 40 % das Soll der magischen 33 % Kinderbetreuungsplätze übererfüllt.  Aber auch diese Zahl ist nur eine Zwischenstation. Die Stadt trägt dem weiter bestehenden Bedarf durch den angekündigten Bau einer Kita in der Raingasse Rechnung. Unser Ziel muss aber sein, dass es Plätze für alle Kinder unter drei gibt, für die sie gewünscht werden. Wir können uns auf keinen Lorbeeren ausruhen.

Für Grundschulkinder haben wir ein Betreuungsdefizit – und zwar in den Stadtteilen. Der Bereich Kernzeit und Ganztagesangebot muss dort ausgebaut werden, sonst geben Eltern ihre Kinder gleich in eine Kernstadtschule, was die wohnortnahe Schule zu einem Auslaufmodell machen würde – und das muss so weit wie möglich verhindert werden. 

Integration durch Bildung: ein Drittel unserer Kinder hat einen Migrationshintergrund. Es gibt viele Hilfestellungen. Wir sollten eine IST-Analyse aller vorhandenen Fördermaßnahmen in und außerhalb der Schulen durchführen, um Überlappungen und fehlende oder falsche Angebote analysieren zu können.

 

Herrenberg hat viel Geld für die energetische Sanierung der Schulen bereitgestellt. Neben einer verbesserten Energiebilanz gibt es auch einen anderen  baulichen Problempunkt in den Gebäuden, der sich massiv auf das Lernklima auswirkt: die Lärmbelastung. Lärm ist die gesundheitsschädlichste Umweltbelastung. So, wie vor Jahren auf Druck der Grünen Fraktion hin PCB-Messungen Klassenzimmersanierungen zur Folge hatten, ist es  uns ein Anliegen, durch professionelle Lärmmessungen feststellen zu lassen, wo durch bauliche Maßnahmen Abhilfe geschaffen werden kann und muss.

 

Auch unsere Innenstadt hat nach wie vor ein Lärmproblem. Der Gemeinderat wird sich in Kürze mit einem generellen oder abschnittweisen Tempolimit in der Innenstadt beschäftigen. Es ist überfällig, dass wir uns nach zahllosen Lärmaktionsplänen der vergangenen Jahre endlich zu handfesten Maßnahmen  durchringen.

 

Denn Herrenberg ist doch eigentlich nicht zimperlich, wenn es darum geht, für etwas wirklich Wichtiges mit großem Engagement einzutreten. Für unseren Bebauungsplan Plapphalde lehnen wir uns momentan mit großem personellen und finanziellen Einsatz weit aus dem Fenster. Der Rest der über 700 Kommunen mit Asphaltwerk in der Republik schaut interessiert zu und hofft an einem Erfolg zu partizipieren. Auch wir Grünen haben die Stadt dazu ermutigt, die von der Firma Morof beantragte Braunkohlestaubverfeuerung und die dadurch bewirkte massive CO²-Erhöhung nicht einfach so hinzunehmen. Wir sehen den Aufwand für die Verwaltung und bedanken uns ausdrücklich. Es zeigt sich nicht erst hier, dass der Klimaschutzgedanke in Herrenberg  verankert ist und insofern sehen wir es als nur konsequent und selbstverständlich an, dass wir jetzt sofort in die Umsetzung des 2013 vom Kreis unter Mitwirkung von Herrenberg erarbeiteten Kreisklimaschutzkonzepts einsteigen.  Trotz  Unterstützung durch die neue Klimaschutzmanagerin im Landratsamt muss jede Kommune ihre eigene Umsetzung finden, was noch viel Arbeit kosten wird. Es wird auch Geld kosten und deshalb haben wir eine erste Rate für 2014 beantragt.

Ein Stromfresser sind Heizungspumpen. Wir möchten, dass alte Exemplare  sukzessive in städtischen Gebäuden ausgetauscht werden.

 

Ein Pfeiler unserer Klimaschutzbemühungen ist die energetische Sanierung städtischer Gebäude. Wir könnten mit der CO²-Einsparung schon viel weiter sein, wenn die vorhandenen Gelder dafür nicht wegen fehlender Kapazitäten im Gebäudemanagement unausgegeben blieben. Dies ist immer wieder zu kritisieren, auch wenn neben internen auch externe Ursachen dafür verantwortlich sind und auch andere Kommunen ähnliche Probleme haben.

 

Eng verknüpft mit dem Energiespargedanken ist ein verändertes Mobilitätsverhalten aller Verkehrsteilnehmer/innen.

Die alte Bundesregierung hat sich mit der Atomwende zufriedengegeben und eine echte Energiewende in den Dornröschenschlaf versetzt. Wir hoffen, dass  unter der großen Koalition die Potenziale genutzt werden.  Dazu gehört, weg vom Öl, vom Benzin, vom motorisierten Individualverkehr und z.B. die Stärkung des Radverkehrs. Es ist wirklich erstaunlich, wie schwer sich die Stadtverwaltung mit diesem Thema tut, wie zäh die Fortschritte in diesem Bereich sind. Eigentlich sollte inzwischen allen klar sein: wer die Innenstadt attraktiver gestalten will, der muss eine ökologisch Mobilitätspolitik betreiben. In einem Antrag fordern wir  deshalb einen jährlichen Fixbetrag für Radinvestitionen.

Ein weiteres Mobilitätsstiefkind ist die schlechte Busanbindung der Stadtteile an die Kernstadt. Mit der Abschaffung der unechten Teilortswahl haben wir die Einheit der Gesamtstadt betont. Eine gute verkehrliche Verknüpfung ist die Nagelprobe. Leider haben nicht einmal alle Ortschaftsräte mitgezogen, als es um die sofortige Ausweitung der Citybus-Mehrfahrtenkarte ging. Wir sind alle noch weit entfernt davon einzusehen, wie notwendig ein ausgewogener Modal Split, d.h.  die optimale Mischung aller Verkehrsteilnehmer und Fortbewegungsmittel  ist.

 

Die Stadtwerke haben 2013 mit einem komplexen Strukturplan gezeigt, wie sie in der Zukunft aufgestellt sein möchten. Leider ist nur ansatzweise zu erkennen, wie eine umfassende Versorgung der ganzen Stadt mit regenerativen Energien anzugehen wäre. Ein wichtiger Schritt dahin, die Gründung eines Bürgerenergieprojekts, wird ein ums andere Jahr hintangestellt.

 

 

Den GRÜNEN wird immer vorgehalten, sie spielten sich als Weltenretter auf. Zu diesem Image stehen wir. Und deshalb bediene ich jetzt ausdrücklich dieses Bild und schließe mit dem englischen Spruch:

 

„Save the world, it’s the only one with chocolate“.

Frei übersetzt:“  Es lohnt sich, die Erde zu retten, sie ist die einzige mit Schokolade“.

 

 

Die Grüne Fraktion  stimmt dem Haushalt 2014 zu.

 

Maya Wulz

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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