August-Kolumne: Was heißt Mitmachstadt im Amtsdeutsch?

29.08.11 –

Herrenberg soll eine Bürgerkommune werden. Dazu gehört, dass wir einen der kürzlich im Leitbild beschlossenen Sätze, „Herrenberg ist eine Mitmachstadt“, weiter umsetzen. Wichtige erste Schritte dazu haben wir schon mit der Bürgerbeteiligung bei „Herrenberg 2020“, die in ein Leitbild mündete, und der Bürgerwerkstatt Freibad gemacht. Bedeutsam in diesem Zusammenhang war auch der Gemeinderatsbeschluss, zum Thema unechte Teilortswahl einen Bürgerentscheid durchzuführen.

Eine andere wichtige Voraussetzung für eine gelebte Bürgerkommune ist Bürgerfreundlichkeit und Bürgernähe der Stadtverwaltung. Dabei spielt die Sprache, derer sich die Verwaltung im schriftlichen Umgang mit der Bevölkerung bedient, eine zentrale, aber bisher wenig beachtete Rolle. Sätze und Begriffe im Amtsdeutsch wie „Nichtbeibringlichkeitsfall“ oder „Im Verhinderungsfall wird der Widerspruchsführer gebeten, dies mitzuteilen“ bewirken Verzweiflung und Aggression bei den Empfängern und stören die Kommunikation. Oft verhindert „Betriebsblindheit“ eine verständlichere Ausdrucksweise. An diesem Punkt setzt die Idema, Gesellschaft für verständliche Sprache, an. Sie besteht aus JuristInnen und SprachwissenschaftlerInnen, die u.a. Kommunen Hilfe bei der Umwandlung amtlicher in moderne und bürgernahe Bürgersprache helfen, wie auch bei folgendem Sprachungetüm: „ Nach der neuen Hessischen Bauordnung (HBO 2002) handelt es sich entsprechend der Anlage 2 über baugenehmigungsfreie Vorhaben nach § 55 HBO Ziffer 1.16 bei Dachaufbauten einschließlich Dachgauben auf bestehenden Gebäuden um baugenehmigungsfreie Bauvorhaben, die allerdings den Vorbehalten des Abschnittes V Nr.1 und 3 unterliegen. Diese besagen, dass das beabsichtigte Bauvorhaben der Gemeinde durch Einreichen der erforderlichen Bauvorlagen zur Kenntnis zu geben ist. Wir bitten Sie daher, umgehend die erforderlichen Bauvorlagen bei der Gemeinde schriftlich einzureichen.“ Neue Fomulierung: „Auf dem Dach Ihres Gebäudes haben Sie eine Gaube errichtet. Dafür benötigen Sie zwar keine Baugenehmigung, allerdings hätten Sie uns die Baumaßnahme trotzdem ankündigen müssen“. Besonders bei Bauverordnungsverfahren kann auf diese Weise Kompliziertes plötzlich verständlich formuliert werden. Für Mitgliedsgemeinden bietet die Idema Datenbanken mit Mustertexten und Alternativformulierungen an. Die Grüne Fraktion wird beantragen, dass Herrenberg dieser Gesellschaft den Auftrag erteilt, zusammen mit den Fachleuten der eigenen Verwaltung unverständliche Formulare und Standartschreiben der Verwaltung zu vereinfachen. Das Rad muss dabei nicht neu erfunden werden, denn die Amtssprache aller kommunalen Behörden ähnelt sich. Aufwand und Kosten lohnen sich allemal: Die Stadt rückt den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück näher, Missverständnisse, die zu Mehrarbeit in den Ämtern führen, können verringert werden, weil der Verwaltung viele Anrufe erboster und ratsloser Menschen mit Deutsch oder einer anderen Muttersprache erspart werden, die das Amtsdeutsch nicht verstehen. In Baden-Württemberg profitieren bereits einige Städte und Kreise von der Sprachentstaubung und vielleicht wirkt sich die vereinfachte Ausdrucksweise auch auf die Drucksachen aus, an denen sich auch die Stadträte und Rätinnen oft die Zähne ausbeißen.

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Demokratie & Recht | Gemeinderat | Kolumnen

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