Mehr Demokratie wagen – bei Stuttgart 21 und anderen politischen Entscheidungen

03.12.10 –

Gut 40 interessierte Bürger kamen zu der Veranstaltung mit Reinhard Hackl, dem Landesvorsitzenden von  „Mehr Demokratie e.V.“

„Die Baden Württemberger können alles, außer mitentscheiden“ mit diesen Worten begrüßte die Ortsvorsitzende Waltraud Pfisterer-Preiss die Besucher des Grünen Forums. Sie wies darauf hin, dass in Baden-Württemberg die Hürden für Bürgerbeteiligung besonders hoch sind. So wurde zum Beispiel der seit 1997 geforderte Bürgerentscheid zu Stuttgart 21 aufgrund der hohen rechtlichen Hürden nie durchgeführt und ein Bürgerbehren mit  61.000 Unterschriften wurde als rechtlich nicht zulässig zurückgewiesen. Pfisterer-Preiss befürchtet, dass durch die hohen Hürden für direktdemokratische Beteiligung in Baden-Württemberg die Politikverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger weiter zunehmen werde.Mehr Bürgerbeteiligung sei deshalb schon lange eine Kernforderung der Grünen und im Landtagswahlkampf auch eines der zentralen Themen.

Reinhard Hackl stellte zunächst das Anliegen und die Wurzeln des überparteilichen Vereins „Mehr Demokratie“ vor. Gegründet wurde der heute  rund 5000 Mitglieder umfassende Verein bereits1985. Einen ersten politischen Erfolg erlangte „Mehr Demokratie“ in Bayern! Dort wurde 1995 ein Volksentscheid für mehr Bürgerbeteiligung erfolgreich durchgeführt. Seither sind in Bayern Bürgerentscheide möglich und erheblich leichter durchzuführen, als in Baden-Württemberg. Das Instrument des Volks- bzw. Bürgerentscheids wurde und wird  seither im Freistaat schon eifrig ein- und umgesetzt, zuletzt beim Volksentscheid für Nichtraucherschutz.

Befürchtungen, dass durch Volksentscheidungen undemokratische und rassistische Beschlüsse herbeigeführt werden könnten, wie zum Beispiel beim Schweizer „Minarett-Beschluss“, trat Hackl vehement entgegen. Auch in der rein parlamentarischen Demokratie gebe es Fehlentscheidungen, zum Beispiel eben bei Stuttgart 21, und gleichzeitig sei sie durch Hinterzimmerentscheidungen anfälliger für Lobbyismus. Einzelnen  „Ausrutschern“ bei Volksentscheiden stünden, aber ungleich mehr gute Entscheidungen durch ein demokratischeres Verfahren gegenüber.

Mehr Demokratie fordert in Baden-Württemberg  unter anderem Unterschriftensammlung außerhalb der Amtsstuben und eine Verlängerung der Sammelfrist beim Volksbegehren auf Landesebene auf 6 Monate, eine Senkung der Unterschriftenzahl von 16,6 Prozent  (das wären zur Zeit  rund 1,27Millionen Unterschriften!) auf 5 Prozent  und eine Streichung des Quorums bei der Volksabstimmung, wie etwa in Bayern oder Hessen.

Auf Gemeindeebene fordert „Mehr Demokratie“ in Baden-Württemberg, dass Bürgerbegehren und –entscheide auch  über Bauleitpläne und Kommunalabgaben durchgeführt werden können, was bisher unmöglich ist.

„Gesellschaftliche Mehrheiten müssen sich auch in mehrheitlicher Gesetzgebung widerspiegeln“ so der Kernsatz von Reinhard Hackl. Er forderte die Besucher dazu auf im kommenden Landtagswahlkampf die Parteien daraufhin „durchleuchten“, wie wichtig ihnen Bürgerbeteiligung sei.

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